Mittwoch, 6. Juli 2016

Redebeitrag Dr. Gregor Gysi auf der Veranstaltung der LINKE.Rheinland

So stelle ich mir meine Welt vor ... bin ein unverbesserlicher Träumer


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*** Beitrag von Christoph Diederich (gepostet auf Facebook am 06.07.2012)
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Das Dumme am Erfolg ...

[Prolog]

"Immer weniger globale Grenzen schaden der Unterscheidung menschlicher Kulturen und den Grenzen der Menschlichkeit. Globale Grenzlosigkeit führt zur globalen Monokultur, bei der immer mehr Humankapital, wie eine Überproduktion auf die sozialstaatliche Halde geworfen wird. So kommt es mir zumindest vor …
Seit dem die Welt in der Wirtschaftskriese ist und von den Banken nach wie vor gehalten wird, werden alle Ressourcen immer mehr verzehrt. Einhalt für den Verzehr gibt es dabei nur bei den Betroffenen, nicht bei den Verursachern - ein Moloch ist geboren, Metropolis regiert die Welt."

Die Grenzlosigkeit der globalisierten Welt ermöglicht ein nie dagewesenes Transportwesen, um auch die entferntesten Orte ausbeuten zu können. Um Rohstoffe weiterhin Grenzlos abbauen zu können werden die Projekte dazu immer größer. Der Griff der menschlichen Gier reicht hemmungslos zu den tiefsten Tiefen und den höchsten Höhen, bis hin zu den Sternen am Firmament. China taucht in die tiefste Tiefe des Ozeans und baut eine Stadt über den Wolken, eine Raumstation im Orbit, während Russland ein Budget in der Größe der Finanzierung des gesamten Kontinents Europa veranschlagt, um das Militär aufzurüsten für künftige drohende Rohstoffkonflikte.
Der Werteverzehr der Ressourcen umfasst dabei nicht nur gewollte wirtschaftliche Interessen, sondern auch die daran gekoppelten gesellschaftlichen Strukturen und die unterschiedlichen Kulturkreise. Es ist fraglich, ob in dem wirtschaftlichen Überfluß die Einsparungen im kulturellen Bereich erforderlich und auch auf Dauer erträglich sind. Besonders der kulturschaffende Kreis der schöpferischen Kleinkünstler ist hiervon betroffen und wird immer weiter verdrängt. Verdrängung wird in der heutigen industriellen Gesellschaft fälschlicherweise als Mißerfolg gewertet.

[Die moderne Arbeitswelt]

Das Dumme am Erfolg ist, das man von ihm leben muß. Leider bleibt für viele die Form des Erfolgs aus, von dem jemand sich selbständig Ernähren vermag. Dies betrifft besonders sozial engagierte, liebenswürdige Menschen, welche unter zunehmendem Werteverfall der automatisierten industriellen Kultur leiden und die untere Befölkerungsschicht bildet. Sie sind wirtschaftlich am stärksten betroffen von der Weltkriese, da sie das schmalste Polster besitzen, wirtschaftlich auf dem dünnsten Eis lebt und sich nicht die gesellschaftlich vorgelebte Superlative erlauben können.

Für diese “Industriemenschen” besteht das Leben aus bedingungsloser Arbeit. Die Arbeitsbedingungen nehmen dabei immer mehr die Form und den Lebensumständen der Dritten Welt an. Es wird am sozialen Wohlstand gespart. Soziales Engagement zahlt sich nicht aus, bleibt Erfolglos und führt zur Resignation, bei dem weiteres Engagement aus bleibt. In der heutigen Arbeitswelt wird die Freiheit stark eingeschränkt. Vorschriften sind zu befolgen. Zeitpläne zu beachten. Vorgaben zu erfüllen. Eigene Spielräume gibt es nicht. Die Persönlichkeit des einzelnen Individuums kann sich nicht einbringen. Von dem zu erzielenden Entgeld ist man teilweise nicht in der Lage sich selbst zu ernähren.

Ein großer Teil der Arbeitsverhältnisse liegt im 400 Euro-Job-Niveau. Trotz eines arbeitsreichen Tages müssen mehrere Millionen Menschen ihre Überlebensgrenze mit staatlicher Unterstützung sichern. Die Zeiten sich einen Arbeitsplatz aussuchen zu können ist lange vorbei und der Verdrängungskampf ist auf unterer Ebene angekommen. In diesem Fall darf man von wirtschaftlichem Stellungskampf im unteren Lohnsegment sprechen.

[Kulturelles Leben]

Ein kulturelles Engagement ist von diesen mehreren Millionen Menschen, also einem sehr großen Teil der Befölkerung, nicht zu erwarten, solange es nicht `subventioniert` wird. Hierzu ein Zitat des Bundespräsidenten a.D. Richard v. Weizsäcker
“Kultur kostet Geld. Sie kostet Geld vor allem deshalb, weil der Zugang zu ihr nicht in aller erster Linie durch einen privat gefüllten Geldbeutel bestimmt sein darf. …
Substantiell hat die Förderung von Kulturellem nicht weniger eine Pflichtaufgabe des öffentlichen Haushalts zu sein, als der Straßenbau, die öffentliche Sicherheit oder die Finanzierung der Gehälter im öffentlichen Dienst. Es ist grotesk, das wir Ausgaben im kulturellen Bereich `Subventionen`nennen, während kein Mensch auf die Idee käme, die Ausgaben für ein Bahnhofsgebäude oder einen Spielplatz als Subventionen zu bezeichnen. Der Ausdruck lenkt uns in eine falsche Richtung. Denn Kultur ist kein Luxus, den wir uns leisten oder nach belieben streichen können, sondern der geistige Boden, der unsere innere Überlebensfähigkeit sichert.”
- Bundespräsident Richard v. Weizsäcker

[Rechtsstaatlichkeit]

Wenn ein selbständiger Mensch wirtschaftliches Unglück erleidet, durch Krankheit, Unwirtschaftlichkeit, unvorhersehbare wirtschaftliche Ereignisse oder andere Umstände wird er automatisch per Richterspruch für schuldig befunden. Wobei der Begriff Schuld, der alten Begrifflichkeit des Frohndienstes gleichgesetzt werden kann. Die Schuld ist einem Dienst, den man zu erledigen hat, um seine Schuld zu tilgen gleich gestellt.

Leider unterstützt das heutige politische System einen wirtschaftlichen Automatismus, der den Menschen zu einem Teil des Wirtschaftssystems macht, ohne die Würde und Freiheit zu berücksichtigen. Die Automatisierung durch Grundsatzurteile per Richterspruch ist ein weiterer Punkt im Abbau der Bürgerfreiheit, wenn man sich nicht zu wehren weiß.

Das soziale, kulturelle und wirtschaftliche Polster der unteren Schicht ist bereits größtenteils vollständig aufgebraucht. Um auch weiterhin für ein friedliches und würdevolles Miteinander einstehen zu können, bitte ich um mehr Verständnis füreinander, bitte ich um geistige Verbrüderung und einen freiheitlich sozialeren Umgang miteinander. Nicht ein bedingungsloses Grundeinkommen sollte unsere Zukunft sein, sondern ein bedingungsloser sozialer Umgang von globaler Bedeutung sollte unser Ziel sein.

Das wünsche ich mir ...

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*** Hat sich seit meinem Facebookeintrag aus dem Jahr 2012 etwas verändert?
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Redebeitrag von Dr. Gregor Gysi

auf der Konfrenz DIE LINKE.Bundestagsfraktion  am 20. Mai 2016

Armut im Rheinland





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